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AutorenbildRichard Krauss

KOMMENTAR: Neoliberale Politik und die Forderung nach besserer Konnotierung der Arbeit - widersprüchliches, spaltendes und populistisches von Carsten Linnemann (CDU) bei LANZ

aktualisiert 18.07.2024 - 15:13


18.07.2024 - Carsten Linnemann (CDU) ist ein Vertreter des neoliberalen Wirtschaftsansatzes in Deutschland und propagiert eine Wirtschaftspolitik, die auf marktwirtschaftlichen Prinzipien basiert. Kernpunkte seines Ansatzes sind eine starke Betonung der Privatwirtschaft, die Förderung von Unternehmertum und Wettbewerb sowie eine Reduktion staatlicher Eingriffe zugunsten ökonomischer Effizienz.



Die neoliberale wirtschaftspolitische Ausrichtung Linnemanns zielt darauf ab, durch Marktmechanismen das Wirtschaftswachstum zu stimulieren und die Ressourcenallokation zu optimieren (DIW Berlin). Demgegenüber stehen Forderungen Linnemanns nach einer verbesserten "Konnotierung" der Arbeit in der gestrigen Sendung LANZ im ZDF.


Der Begriff "Konnutierung" bezieht sich auf eine umfassendere Wertschätzung von Arbeit, die über rein ökonomische Gesichtspunkte hinausgeht.


Es geht darum, Arbeit nicht nur als Kostenfaktor zu betrachten, sondern auch ihren sozialen und gesellschaftlichen Wert anzuerkennen. Dies umfasst Aspekte wie die Würdigung der Arbeitsleistung, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine gerechte Entlohnung, die nicht nur auf Marktmechanismen basiert, sondern auch soziale und humane Dimensionen berücksichtigt (OECD).


Ein potenzieller Widerspruch zwischen diesen beiden Ansätzen besteht darin, dass neoliberal orientierte Maßnahmen, die oft auf Effizienzsteigerung und Kostenminimierung abzielen, den sozialen Aspekt der Arbeit vernachlässigen.


Eine rein marktwirtschaftliche Betrachtungsweise führt dazu, dass gesellschaftliche und humane Dimensionen der Arbeitswelt nicht ausreichend berücksichtigt werden, was wiederum soziale Ungleichheiten verstärkt (DIW Berlin, OECD).


In diesem Kontext spielen Arbeitgeber eine Schlüsselrolle, indem sie faire Bezahlung, sichere Arbeitsbedingungen und Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung bieten (Trade Union Congress, 2020). Regierungen stärken durch Gesetze und Politik Arbeitsrechte und bauen soziale Sicherheitsnetze aus, um das Wohlbefinden der Arbeitnehmer zu fördern (International Labour Organization, 2019).


Bildungseinrichtungen tragen zur Aufklärung über verschiedene Berufsfelder und die Vorbereitung junger Menschen auf den Arbeitsmarkt bei, indem sie praxisnahe Ausbildungen und Karriereberatung anbieten (Organisation for Economic Co-operation and Development, 2018) und auch Medien spielen eine entscheidende Rolle bei der Formulierung der öffentlichen Wahrnehmung von Arbeit.


Eine ausgewogene Berichterstattung trägt dazu bei, die Wertschätzung für verschiedene Arten von Arbeit und die Leistungen der Arbeitnehmer zu fördern (Pew Research Center, 2021).


Gewerkschaften und Arbeitnehmerorganisationen setzen sich aktiv für die Rechte der Arbeitnehmer ein und fördern faire Arbeitsbedingungen sowie gerechte Löhne (European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions, 2020).


Technologische Innovationen bieten Chancen zur Verbesserung von Arbeitsprozessen und zur Schaffung moderner, effizienter Arbeitsumgebungen (McKinsey Global Institute, 2017).


Diese Maßnahmen zusammen tragen dazu bei, dass Arbeit nicht nur als Mittel zur Einkommenserzielung, sondern als eine Quelle von Würde, Erfüllung und sozialem Beitrag wahrgenommen wird.


Linnemann zielt mit seiner neoliberalen Wirtschaftspositionierung darauf ab, die Soziale Marktwirtschaft in Richtung eines stärker deregulierten, wettbewerbsorientierten Modells zu verschieben.


Seine Forderungen nach mehr Eigenverantwortung und Leistungsorientierung in der Sozialpolitik sowie sein Widerstand gegen staatliche Eingriffe in der Klimapolitik unterstreichen diese Ausrichtung (Handelsblatt 2023). Als Vorsitzender der CDU-Programmkommission und nun als Generalsekretär hat Linnemann erheblichen Einfluss auf die zukünftige Ausrichtung der Partei.


Seine Position ermöglicht es ihm, seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen in die Parteiprogrammatik einfließen zu lassen (FAZ 2023). Linnemanns enge Verbindungen zu Wirtschaftsverbänden und seine Mitgliedschaft in neoliberalen Netzwerken wie der Ludwig-Erhard-Stiftung deuten darauf hin, dass er als Sprachrohr für bestimmte Wirtschaftsinteressen innerhalb der CDU fungiert (Der Spiegel 2023).


Die Betonung marktradikaler Positionen und kulturkämpferischer Rhetorik könnte darauf abzielen, die CDU als klare konservative Alternative zu positionieren, möglicherweise auf Kosten einer breiteren Wählerschaft (taz 2023).


Linnemanns Bewertung in der Klimapolitik, die auf neoliberale Lösungen setzt und staatliche Einflußnahme ablehnt, könnte darauf abzielen, die Interessen bestimmter Wirtschaftssektoren zu schützen und gleichzeitig die CDU als wirtschaftsfreundliche Alternative zu positionieren (Frankfurter Rundschau 2023).


Linnemann: Härte gegen „Arbeitsverweigerer“ die Bürgergeld beziehen


Das Bürgergeld ist eine Sozialleistung in Deutschland, die Menschen in finanziellen Notlagen unterstützt. Für das Jahr 2024 ist das Bürgergeld im Bundeshaushalt mit einem Volumen von etwa 26,5 Milliarden Euro vorgesehen.   Die Feststellung der Bedürftigkeit, insbesondere im Zusammenhang mit sozialen Leistungen und Hilfen, erfolgt in der Regel durch eine Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers.


Im Jahr 2024 beziehen in Deutschland rund 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld. Diese Gruppe umfasst sowohl erwerbsfähige als auch nicht erwerbsfähige Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaften, wie beispielsweise Kinder oder Personen mit chronischen Krankheiten. Von den etwa 5,5 Millionen Beziehern sind ungefähr 1,5 Millionen nicht erwerbsfähige Kinder unter 15 Jahren.


Unter den rund 4 Millionen erwerbsfähigen Bürgergeldbeziehern sind etwa 20 Prozent erwerbstätig, während rund 40 Prozent dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Die übrigen 40 Prozent sind aufgrund von Ausbildung, Kindererziehung, Pflege von Angehörigen oder kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit nicht oder nur eingeschränkt arbeitsfähig. 


In absoluten Zahlen sind etwa 800.000 der erwerbsfähigen Bürgergeldbezieher in Deutschland Aufstocker. Die Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass etwa drei Prozent der Bürgergeld-Empfänger sanktioniert werden, jedoch nur ein kleiner Teil davon wegen Arbeitsverweigerung. Dies entspricht ungefähr ein bis zwei Prozent der erwerbsfähigen Bürgergeldbezieher. Bei rund 4 Millionen erwerbsfähigen Beziehern bedeutet dies, dass zwischen 40.000 und 80.000 Personen die Arbeitsaufnahme verweigern.


Obwohl nur zwei bis drei Prozent der Bürgergeldempfänger von solchen Sanktionen betroffen wären, nutzt Linnemann die Thematik, um eine breitere politische und neoliberale wirtschaftspolitsche gesellschaftliche Agenda zu verfolgen.


Er beabsichtigt das Bürgergeld durch eine "Neue Grundsicherung" mit mehr Kontrollen und Sanktionen ersetzen, welches den Sozialstaat angreift und die Gesellschaft in "Arbeitslose" und "Leistungsträger" spaltet und polarisiert. Seine Forderung, dass jeder Bürgergeldempfänger arbeiten muss, erhöht den Repressionsdruck auf Arbeitnehmer und schafft ein "Klima der Angst" (Repressionsdruck / Nudging)


In diesem Zusammenhang gilt auch zu erwähnen, dass der deutschen Staatskasse erhebliche Steuereinnahmendurch Schwarzarbeit, Subventionsbetrug und hinterzogene Sozialleistungen entgehen.


Schätzungen zufolge beträgt der Schaden durch Schwarzarbeit allein rund 38 Milliarden Euro pro Jahr. Der Umfang der Schattenwirtschaft, zu der auch Schwarzarbeit zählt, wird für das Jahr 2024 auf etwa 481 Milliarden Euro geschätzt, was rund 11,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht.


Neben Schwarzarbeit verursacht auch Subventionsbetrug signifikante finanzielle Schäden. Insgesamt belaufen sich die geschätzten Umsatzeinbußen durch Schwarzarbeit auf über 300 Milliarden Euro jährlich, was einen deutlichen Hinweis auf die weitreichenden Auswirkungen auf die Wirtschaft


Folgen von Linnemanns Forderungen:

Die von Linnemann vorgeschlagene Reform des Bürgergeldes könnte erhebliche gesellschaftliche Folgen haben, insbesondere im Kontext der Radikalisierung und der Zunahme rechtsextremer Tendenzen. Die Einführung von strengeren Kontrollen und Sanktionen kann zu einer verstärkten sozialen Ausgrenzung von Bürgergeldempfängern führen. Diese Marginalisierung könnte insbesondere Personen betreffen, die ohnehin schon in prekären Lebenssituationen sind. Das Gefühl, ungerecht behandelt oder stigmatisiert zu werden, kann dazu führen, dass sich betroffene Personen von der Gesellschaft entfremden.


Erhöhtes Radikalisierungspotential:

Menschen, die sich ausgeschlossen oder unfair behandelt fühlen, sind anfälliger für radikale Ideologien. Dies gilt besonders in einem Klima der Angst und Unsicherheit. Rechtsextreme Gruppen könnten diese Unzufriedenheit ausnutzen und betroffene Personen für ihre Zwecke rekrutieren. Die Wahrnehmung, dass der Staat sie im Stich lässt oder gegen sie vorgeht, kann die Bereitschaft erhöhen, extremistische Positionen zu übernehmen.

Stärkung rechtsextremer Narrative:


Rechtsextreme Bewegungen nutzen oft wirtschaftliche Unsicherheit und soziale Spannungen, um ihre Ideologien zu verbreiten. Die Einführung von mehr Kontrollen und Sanktionen im Rahmen der Grundsicherung könnte das Narrativ stärken, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen bevorzugt oder benachteiligt werden. Dies kann zur Verbreitung von Verschwörungstheorien und extremistischen Ansichten beitragen.


Gesellschaftliche Polarisierung:


Eine schärfere Unterscheidung zwischen "Leistungsträgern" und "Arbeitslosen" könnte die gesellschaftliche Polarisierung weiter verstärken. Diese Spaltung kann dazu führen, dass die Solidarität innerhalb der Gesellschaft abnimmt und soziale Konflikte zunehmen. Die Wahrnehmung von Ungleichheit und Ungerechtigkeit kann dazu führen, dass sich Gruppen gegeneinander aufbringen lassen, was den sozialen Zusammenhalt untergräbt.

Wirtschaftliche und soziale Destabilisierung:


Langfristig könnten die vorgeschlagenen Änderungen wirtschaftliche und soziale Destabilisierung zur Folge haben.


Eine Gesellschaft, die stark polarisiert und von sozialen Spannungen geprägt ist, hat ein höheres Risiko für Unruhen und Konflikte. Dies kann nicht nur das wirtschaftliche Wachstum hemmen, sondern auch das Vertrauen in politische Institutionen und den Rechtsstaat schwächen.


Die wirtschaftspolitischen Forderungen von Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU, stoßen auf gemischte Reaktionen seitens Wirtschaftswissenschaftlern und Sozialpolitikern, insbesondere in Bezug auf ihre sozialethischen Implikationen.


Einige Wirtschaftswissenschaftler begrüßen Linnemanns Vorschläge zur Senkung der Sozialabgaben und zur steuerlichen Entlastung von Überstunden als Maßnahmen, die die Investitionsbereitschaft der Unternehmen fördern und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stärken könnten. Diese Maßnahmen könnten auch dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu lindern, indem sie ältere Arbeitnehmer ermutigen, länger im Erwerbsleben zu bleiben.


Allerdings gibt es auch erhebliche Kritik, insbesondere hinsichtlich der sozialethischen Aspekte seiner Vorschläge. Sozialpolitiker und einige Wirtschaftswissenschaftler warnen, dass die geplanten Reformen des Bürgergeldes und die Einführung von Arbeitsanreizen durch mögliche Sanktionen bei Nichtannahme von Arbeit die am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen zusätzlich belasten könnten.


Diese Maßnahmen könnten soziale Ungleichheiten verschärfen und die soziale Absicherung schwächen. Ein Hauptkritikpunkt ist, dass die Fokussierung auf wirtschaftliche Effizienz und Wachstum möglicherweise zu Lasten der sozialen Gerechtigkeit und Inklusion gehen könnte.

Die Begrenzung der Sozialabgaben auf 40 Prozent des Bruttolohns wird zwar als wirtschaftlich sinnvoll angesehen, könnte aber die finanzielle Stabilität der sozialen Sicherungssysteme gefährden und langfristig zu einer Verschlechterung der sozialen Absicherung führen.

Zur Person: Carsten Linnemann (CDU)


Carsten Linnemann, geboren am 10. August 1977 in Paderborn, ist ein deutscher Politiker der CDU. Er ist seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages und vertritt dort den Wahlkreis Paderborn.


Linnemann wuchs in einer Buchhändlerfamilie auf und studierte nach seinem Abitur Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule der Wirtschaft in Paderborn. Er promovierte in Volkswirtschaftslehre an der TU Chemnitz und war anschließend bei der Deutschen Bank und der IKB Deutsche Industriebank tätig​  (DW)​.

In seiner politischen Karriere übernahm Linnemann verschiedene Führungsrollen. Von 2013 bis 2021 war er Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU/CSU.


Seit Januar 2022 ist er stellvertretender Parteivorsitzender der CDU, und im Juli 2023 wurde er zum Generalsekretär der CDU ernannt​  ​. Linnemann ist bekannt für seine wirtschaftsliberalen und konservativen Positionen und gilt als enger Vertrauter von Friedrich Merz​ .


Neben seiner politischen Tätigkeit ist Linnemann ehrenamtlich aktiv, unter anderem als Kurator des Fraunhofer-Instituts für Entwurfstechnik Mechatronik und als Vizepräsident des SC Paderborn 07. 2010 gründete er die Stiftung LEBENSlauf, die sich für die Förderung von Jugendlichen durch Sportprojekte einsetzt​ 


Quellen: Deutsche Welle,















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