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  • AutorenbildRichard Krauss

Messerattacke in Stralsund: Scharfe Kritik an Polizei und Staatsanwaltschaft

STRALSUND - Der renommierte Polizeiwissenschaftler, Professor Thomas Feltes, vermutet, dass die Behörden den Fall einer Messerattacke Ende Mai vertuschen wollten. Bei dem Vorfall hatte ein deutscher Angreifer einen italienischen Staatsbürger tunesischer Abstammung in einer Bar in Stralsund verletzt. Die Staatsanwaltschaft äußert sich nicht zu möglichen Ermittlungspannen der Polizei.


(Symbolfoto)


aktualisiert 16.07.2024 - 17:17


Kritik an der Polizeiarbeit und Staatsanwaltschaft


Professor Thomas Feltes: "Fall sollte unter der Decke gehalten werden"

Thomas Feltes, Professor an der Ruhr-Universität Bochum und Berater internationaler Organisationen wie der UN und Interpol, analysierte die Messerattacke vom 26. Mai anhand von Zeugenaussagen und Aussagen der Staatsanwaltschaft. Er kritisierte, dass von Anfang an Fehler gemacht wurden, die schließlich vertuscht werden sollten. Hätten die Medien den Fall nicht aufgegriffen, wäre dieser möglicherweise eingestellt worden, ohne die Öffentlichkeit zu informieren.

Motiv weiterhin unklar

Ein 64-jähriger Deutscher soll in alkoholisiertem Zustand einen 28-jährigen italienischen Staatsbürger tunesischer Abstammung verletzt haben. Der Beschuldigte kam zunächst wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft, wurde jedoch später entlassen, nachdem der Vorwurf in gefährliche Körperverletzung umgewandelt wurde. Das Motiv ist weiterhin unklar, und der Beschuldigte schweigt zu seinen Beweggründen. Ein rassistischer Hintergrund kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, denn laut einem Augenzeugen rief der 64-jährige Tatverdächtige bei seiner Festnahme: "Das habe ich für Deutschland getan".

Verspätete Wohnungsdurchsuchung

Feltes kritisierte die verspätete Wohnungsdurchsuchung, die erst neun Tage nach der Tat durchgeführt wurde. Diese hätte seiner Ansicht nach spätestens am Morgen nach der Tat erfolgen müssen, um mögliche Beweise nicht zu verlieren.


Handyauswertung nicht erfolgt

Das Handy des Beschuldigten wurde in der Tatnacht sichergestellt, jedoch bisher nicht ausgewertet. Feltes betonte, dass Handys flüchtige Beweismittel sind, da Chatverläufe schnell gelöscht werden könnten. Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass die Auswertung des Handys noch nicht vorliegt.


Tatort nicht gesperrt

Merkwürdig sei auch, dass der Tatort nicht sofort gesperrt und Spuren gesichert wurden. Ein Tatort müsse bei einem versuchten Tötungsdelikt schnellstmöglich gesichert werden. Dies sei nicht geschehen, was Feltes als schweren Fehler bewertete .


Pressevorbehalt der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft verhängte noch am Tattag einen sogenannten Pressevorbehalt, wodurch keine Polizeimeldung veröffentlicht wurde und Medienauskünfte nur vom Pressesprecher der Behörde erteilt wurden. Dies führte dazu, dass zehn Tage lang nichts an die Öffentlichkeit gelangte. Feltes hält diese Begründung für nicht schlüssig und vermutet, dass die Staatsanwaltschaft versuchte, den Fall niedrig zu hängen.


Weitere Expertenmeinungen

Siegfried Stang, ehemaliger Leiter der Polizeidienststelle Neubrandenburg, macht dem Innenministerium in Schwerin schwere Vorwürfe. Die Aussage des Ministeriums, es seien "alle unaufschiebbaren Maßnahmen getroffen worden", steht im Widerspruch zur verspäteten Wohnungsdurchsuchung.

Ministerium: Ermittlungsarbeit nicht zu beanstanden

Das Innenministerium verweist bei der Frage nach möglichen Ermittlungspannen auf die Staatsanwaltschaft. Justizministerin Jaqueline Bernhardt sieht keine Veranlassung, die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft zu beanstanden


Quellen: NDR, Sueddeutsche, ZEIT, SPIEGEL, DPA,

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